Aussehen und Stimme - Gut getarnte Eule mit Knopfaugen
Durch ihr rindenfarbiges Gefieder sind Waldkäuze gut getarnt. Typisch sind die großen Knopfaugen im dunkel
umrahmten hellen Gesichtsschleier. Der Waldkauz gehört zu den größeren Eulen. Nur Habichtskauz und Uhu sind größer.
Ruf des Waldkauz-Männchens
Wir hören die Rufe unseres Jahresvogels in TV-Krimis, wenn es dunkel und unheimlich wird. Im wahren Leben
erklingt das lang gezogene „Huu-hu-huhuhuhuu“, wenn Waldkäuze balzen oder ihre Reviere markieren – vor allem
im Herbst und Spätwinter. Fast das ganze Jahr über machen sie außerdem durch ihren Kontaktruf „ku-witt“ auf
sich aufmerksam.
Gut getarnt
Auch wenn meist das Männchen singt, können beide Geschlechter sowohl den Balzgesang als auch den Kontaktruf
äußern, wobei der Ton des Weibchens jeweils etwas höher und heiserer klingt. Zu erkennen sind Waldkäuze an
ihrem kompakten Körperbau und dem rindenfarbigen Gefieder. Ihr großer Kopf ohne Federohren sitzt auf einem
gedrungenen Rumpf. Sein freundliches Aussehen verdankt er seinen großen runden „Knopfaugen“ im dunkel umrahmten
hellen Gesichtsschleier. Der stark gekrümmte Schnabel ist beim Waldkauz gelblich.
Die lautlosen Jäger werden mit 40 bis 42 Zentimetern Länge etwa so groß wie Krähen und bringen 400 bis 600
Gramm auf die Waage. Die Weibchen sind etwas größer und um ein Viertel schwerer als ihre Partner. Unabhängig
vom Geschlecht oder Alter hat ein Teil der Waldkäuze eine graubraune Grundfärbung des Federkleides, andere
eine rotbraune. Man spricht von zwei verschiedenen Farbmorphen, ähnlich den unterschiedlichen Haar- und
Augenfarben beim Menschen. In jedem Fall sind die Käuze durch ihr rindenfarbenes Äußeres meist gut getarnt.
Natürliche Schalldämpfer
Wie alle Eulen fliegen Waldkäuze nahezu geräuschlos: Ein besonders dichtes und samtartiges Polster auf der
Oberseite der Flügel und kammartige Zähnchen an den Kanten der äußersten Flügelfedern verwirbeln den Luftstrom
beim Fliegen und unterdrücken so jedes Geräusch.
Verhalten und Lebensweise
Im Herbst und Winter ist der Ruf des Waldkauzes am meisten zu hören, denn dann ist Balzzeit und Partnerwahl.
Vor allem mit Jagdkünsten kann das Männchen überzeugen. Während das Weibchen alleine brütet, ist der männliche
Waldkauz tapferer Verteidiger der Brut.
Eulen sind bereits im ersten Lebensjahr geschlechtsreif. Ab Herbst erklingt der weithin hörbare, heulende
Reviergesang während der Balz: In dieser Zeit wird der Bund eines bestehenden Brutpaares erneuert, das den
Sommer über zwar im gleichen Revier, aber eher alleine verbracht hat. Fehlt ein Weibchen, muss das Männchen
mit dem Gesang erst einmal eine Partnerin anlocken. Im Spätwinter beginnt die Brutzeit – und damit ein weiterer
Höhepunkt der Ruf- und Gesangsaktivität. Durch „kollerndes“ Nestlocken weisen verliebte Käuze der Dame ihres
Herzens den Weg zu geeigneten Bruthöhlen. Bei der Balzfütterung präsentieren sie ihre Jagdkünste. Stimmt die
Qualität und Menge der Beute und gefällt der Waldkauzdame der Brutplatz, entscheidet sie sich für eine meist
lebenslang andauernde, treue Paarbeziehung.
Tapferer Kauz
Waldkäuze brüten nur einmal jährlich. Legebeginn ist dabei je nach Witterung im Februar oder März. In Städten
sind sie früher dran – oft schon im Januar – im Wald dagegen später. Ist das Nahrungsangebot schlecht, kann die
Brut in einem Jahr auch ausfallen. Das Weibchen brütet allein. Nur in den Brutpausen und zur Nahrungsübergabe
kommt das Männchen hinzu.
Der Waldkauz ist als strenger Wächter seiner Brut bekannt. Kreischend setzt er sich gegen Feinde zur Wehr,
seine Gegenwehr erfolgt meist von hinten und ohne Vorwarnung. Lautlos nähert er sich Brutstörern im Flug,
streift sie mit den Schwingen oder dem Körper und hinterlässt mit seinen Krallen teilweise blutende Wunden bei
seinen Widersachern. Ihre Reviere verteidigen Waldkäuze ebenfalls sehr aggressiv gegen Rivalen – auch gegen
andere Eulenarten.
Clevere Frühstarter
Die Jungen wiegen nach dem Schlupf nur 28 Gramm. Noch blind, können sie sich bereits am zehnten Tag selbst
aufsetzen und sechs Tage später stehen. Die Waldkauzmutter bleibt während der Brutzeit fest auf dem Gelege,
das in der Regel aus zwei bis vier Eiern besteht, die meist in zweitägigem Abstand gelegt werden. In
Ausnahmefällen befinden sich auch mal ein bis sieben Eier im Nest. Die Brut beginnt häufig schon nach der
Ablage des ersten Eis und dauert für jedes Ei 28 bis 29 Tage.
Im Alter von etwa einem Monat verlassen die noch nicht flugfähigen Jungen das Nest und sitzen meist – scheinbar
verlassen – auf Zweigen in Nestnähe. Sie werden dann Ästlinge genannt und geben ihre Position durch ständige
heisere „Kszik“-Rufe kund. Zwei bis drei Wochen später sind sie flugfähig, werden aber erst mit drei Monaten
selbstständig. Bis dahin kümmern sich die Eltern weiter um die Jungen. Zu Beginn der Herbstbalz werden sie
dann aus dem elterlichen Revier vertrieben und müssen sich ein eigenes suchen. Nur die Hälfte der Jungvögel
überlebt das erste Lebensjahr. Einmal erwachsen, können sie in freier Natur bis zu 19 Jahre alt werden.
Nahrung des Waldkauzes
Ganz oben auf dem Speiseplan unseres Jahresvogels stehen neben Maulwürfen, Ratten oder Jungkaninchen vor allem
Mäuse. Sind diese Kleinsäuger nicht zu haben, weichen Waldkäuze auf Vögel aus.
Bei Waldkäuzen im Siedlungsraum stellen Vögel oft den Großteil der Nahrung. Doch darauf greift der Vogel des
Jahres nur zurück, wenn Kleinsäuger wie Mäuse, Maulwürfe, Ratten oder Jungkaninchen nicht zu finden sind.
Sogar Höhlenbrüter angelt er geschickt mit den langen Beinen durch das Flugloch hindurch. Bis zu 300 Gramm
schwere Tiere kann der Waldkauz überwältigen und abtransportieren. Dabei frisst er gelegentlich auch kleinere
Eulen, wie den Raufuß- oder den Sperlingskauz. Frösche, Kröten, Käfer und sogar Regenwürmer sind ebenfalls
Nahrungsquellen für ihn.
Mit Haut und Haaren
Selten wurden die lautlosen Jäger sogar beim Fischen beobachtet. Im Vergleich zu anderen Eulenarten ist ihre
Nahrungswahl sehr flexibel – sicher einer der Gründe dafür, dass der Waldkauz unsere häufigste Eule ist.
Waldkäuze beginnen etwa zwanzig Minuten nach Sonnenuntergang mit der Nahrungssuche. Sie sind sehr wendige
Ansitzjäger, aber bei der Jagd am Boden ebenso geschickt. Wirbellose und Beutetiere bis Mausgröße verschlingt
der Waldkauz vollständig, große Beute zerteilt er zumindest grob.
Da Federn, Haare und Knochen nicht verdaut werden können, formt er in seinem Magen Gewölle aus Beuteresten und
würgt diese wieder hervor. Forscher analysieren diese Gewölle und können so herausfinden, was der Kauz gefressen
hat und welche Tiere in der Umgebung vorkommen. Beuteüberschuß deponiert unser Jahresvogel ganzjährig für
„schlechte Zeiten“ in Höhlen, Balken oder ähnlichen Verstecken.
Lebensraum, Verbreitung und Bestand des Waldkauzes
Der Waldkauz fühlt sich in lichten Laub- und Mischwäldern am wohlsten. Fast 90 Prozent seines Verbreitungsgebietes
liegt in Europa. Weltweilt gibt es rund eine Million Brutpaare. Der Bestand wird als stabil eingeschätzt.
„Suche Revier mit 25 bis 30 Hektar Größe für Familiengründung mit alten Höhlenbäumen, Ansitzwarten, einem
ganzjährig leicht erreichbaren Nahrungsangebot und ungestörten Tagesverstecken“ – so etwa könnte die
Wohnungsanzeige des Waldkauzes formuliert sein. Er wäre ein treuer Mieter: Als Standvogel bleibt er das ganze
Jahr über in seinem Revier. Untersuchungen zufolge blieben sogar 80 bis 90 Prozent der beringten Paare zeitlebens
im gleichen Umfeld. Diese Standorttreue hilft den Eulen, auch harte Winter zu überleben, kennen sie doch
sämtliche Nahrungsquellen und Verstecke sehr genau. Die selbstständig gewordenen Jungvögel streichen auf der
Suche nach einem eigenen Revier nur im ersten Herbst umher, wobei auch sie sich zu 90 Prozent nicht weiter als
50 Kilometer von ihrem Geburtsort entfernen.
Auch wenn sein Name anderes vermuten lässt: Unser Jahresvogel ist keinesfalls nur im Wald zu Hause, obwohl er
sich in lichten Laub- und -Mischwäldern am wohlsten fühlt. Als ideal gilt ein Lebensraum mit einem Waldanteil
von 40 bis 80 Prozent, Lichtungen, Waldrändern und angrenzenden Feldern. Reine Nadelwälder hingegen wählt
unser Jahresvogel nur selten als Brut- und Lebensraum, da es dort nicht genug Nahrung für ihn gibt.
Nicht nur im Wald
Findet unser Jahresvogel keine geeigneten Baumhöhlen als Brutplatz, nimmt er auch ruhige Winkel von Gebäuden,
Scheunen oder Nistkästen an. Hier darf es lediglich an guten Einflug-Möglichkeiten nicht mangeln. Längst ist
er daher auch in städtischen Parkanlagen, Alleen, alten Scheunen, Burgen und Ruinen, Gärten oder auf Friedhöfen
mit altem Baumbestand zuhause. Dabei kommt er uns Menschen recht nah, wenn er auch eher zu hören als zu sehen ist.
Tagsüber versteckt er sich sowohl in Höhlen als auch gern in dichten Baumkronen oder immergrünen Efeugebüschen.
In „ausgeräumten“ Feldfluren ohne Bäume als Ansitzwarten lässt sich unser Jahresvogel nicht blicken. In höheren
Gebirgslagen hingegen gibt es die Art bis in die Nähe der Baumgrenze – jedoch nur auf der Sonnenseite von Hängen,
die relativ früh schneefrei werden. Die Anpassungsfähigkeit bei der Wahl des Lebensraumes und der Beutetiere
tragen sicher dazu bei, dass der Waldkauz die häufigste Eule in Deutschland ist.
Verbreitung
Der Waldkauz ist fast überall in Europa zu finden. Nur in Irland, Nordskandinavien sowie im europäischen Russland
fehlt er. Außerhalb Europas besiedelt er Teile Westsibiriens, das Atlasgebirge in Nordafrika, Teile der Türkei
und des Irans sowie den Libanon und Israel. Vom Himalaya bis an die chinesische Pazifikküste brütende Käuze
werden inzwischen nicht mehr zur Art Waldkauz gezählt, sondern als eigene Art Himalayakauz (Strix nivicolum) abgetrennt.
Auch innerhalb ihres Verbreitungsgebietes sind nicht alle Waldkäuze gleich. So singen die Vögel des Atlasgebirges
beim mittleren Laut des Balzrufes ein zweisilbiges „huhu“ statt eines einsilbigen „hu“, und die Vögel aus dem
Kaukasus haben eine tiefere Stimme. Entsprechend werden Waldkäuze auch in verschiedene Unterarten eingeteilt,
sind aber immer sofort als Waldkäuze zu erkennen.
Stabiler Weltbestand
Verbreitung des Waldkauzes - Grafik: NABU
Der europäische Brutbestand wird auf 30.000 bis 940.000 Brutpaare geschätzt. Weltweit gibt es damit etwa
700.000 bis 1,2 Millionen Brutpaare. Europaweit können zumindest in den letzten 25 Jahren keine Bestandsveränderungen
festgestellt werden. Der deutsche Brutbestand beträgt nach den Daten von ADEBAR, dem aktuellen Atlas deutscher
Brutvogelarten, 43.000 bis 75.000 Brutpaare. Das sind etwa acht bis neun Prozent des europäischen Bestandes.
Im Vergleich zu anderen heimischen Vogelarten ist dies ein sehr hoher Anteil. Das zeigt die große Bedeutung
des deutschen Brutbestandes für den Erhalt dieser Vogelart. In Deutschland kommt der Waldkauz fast überall vor,
ist aber im Westen häufiger als im Osten. In den am dichtesten besiedelten Gebieten finden sich über 50 Reviere
auf 100 Quadratkilometern. Er fehlt nur in den waldarmen Küstenbereichen der Nordsee und auf den vorgelagerten
Nordseeinseln.
Trend unklar
Der Bestand des Waldkauzes in Deutschland wird langfristig als stabil eingeschätzt. Genauere Daten liegen ab
1988 vor. Demnach war von 1988 bis etwa 1997 ein deutlicher Rückgang festzustellen, seitdem hält sich der
Bestand aber wieder auf konstanter Höhe mit den üblichen jährlichen Schwankungen, die durch den Bruterfolg und
die Nahrungsverfügbarkeit im Winter entstehen. Der Bestandstrend des Waldkauzes wird im Rahmen des „Monitoring
Greifvögel und Eulen in Europa“ von freiwilligen Vogelkundlern in immer gleichen Untersuchungsgebieten erfasst.
Geht die Zahl der Reviere in diesen Gebieten zurück oder steigt an, so ist dies mit hoher Wahrscheinlichkeit
in ganz Deutschland der Fall. Für eine Schätzung des gesamten Bestandes muss ab und zu im ganzen Land nach
Waldkäuzen gesucht werden. Das geschah zuletzt 2005-2009 im Rahmen der Kartierungen für Atlas deutscher
Brutvogelarten.
(Quelle: www.nabu.de)